Warum die Liebe entscheidend ist – Erfahrungen vom Gästehausbau

von | 28.05.2018 | Allgemein | 1 Kommentar

Nachdem die Zimmer unseres neuen Gutshof Gästehauses mittlerweile bezugsfertig sind, macht sich langsam Erleichterung breit. Wenn ich heute in die fertigen Zimmer schaue, freue ich mich über das wunderschöne Ergebnis. Wie in einem Film läuft die Bauzeit vor meinem inneren Auge ab und ich erinnere mich an die Entwicklung bis heute.

Ein Bauprojekt erscheint unerwartet auf der Agenda

Begonnen hat die Geschichte Mitte vorletzten Jahres in unserer Küche. Für unsere Vision bot der Gutshof alles, was wir uns erträumten. Nur die Übernachtungsmöglichkeiten für die Seminarteilnehmer fehlten. Wie ein Wunder war es möglich, auf der Grundfläche eines abgebrannten historischen Gebäudes einen Neubau zu errichten. Wenig später sitzen in Bonn Vertreter der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Architekt und Rainer und ich um einen großen Tisch und schmieden Pläne. Ich bin in dieses Projekt hineingerutscht und spüre, dass ein großes Abenteuer beginnt. Begeistert verfolge ich die Planungsphase und darf meine Vorstellungen mit einbringen. Alle Beteiligten sind restlos überzeugt von dem Resultat. Im Dezember soll es mit dem Bau dann losgehen.

Das Projekt kostet mehr als erwartet

Der Dezember rückt immer näher und es tut sich die erste große Hürde auf: Es müssen Energieversorgungsleitungen verlegt werden, die durch das Grundstück laufen. Diese Arbeiten brauchen Zeit. Dann gefriert die Erde. Endlich im März kommen große Geräte auf den Hof und setzten die Bodenplatte für das Gästehaus. Jetzt kann der Rohbau beginnen. Am 1. September soll es bezugsfertig sein.

Es bleibt nicht bei der einen Verzögerung. Langsam bekomme ich mehr Einblicke in die Baubranche. Bei vielen Firmen sind die Auftragsbücher voll. Das ist schön für die Firmen. Doch es erschwert, die passenden Firmen für die nötigen Arbeiten innerhalb der geplanten Zeitfenster zu finden. Dadurch geraten Prozessabläufe aus der logischen Reihenfolge. Die Fenster lassen sehr lange auf sich warten und wochenlang regnet es in Strömen. Dadurch werden die Wände feucht und der Innenausbau kann nicht weitergeführt werden.

Bis zu 20 Angebote holt die Stiftung ein, damit der finanzielle, zeitliche und ästhetische Rahmen passt. Viele Details müssen mit dem Bauträger, dem Architekt und den ausführenden Firmen abgestimmt werden. Das kostet Zeit. Alle geben ihr Bestes, dennoch wird langsam klar: Am 1. September wird niemand in diesem Gästehaus schlafen. Immer öfter fühle ich mich am Ende des Tages ohnmächtig. Trotz aller Bemühungen schiebt sich die Fertigstellung weiter nach hinten. Mittlerweile ist es Dezember und es sieht so aus, dass Ende Januar tatsächlich der Bau abgeschlossen sein wird. Doch es kommen noch diverse Pannen. Heizkörper, die endlich geliefert werden, sind nicht funktionstüchtig und müssen komplett ausgetauscht werden. Das Streichen der Wände mit Kalkfarbe braucht viel länger. Endlich sind die Zimmer gestrichen, der Boden ist gelegt und die Möbel sind angeliefert – da bricht ein Heizungsrohr und ruiniert zwei Zimmer. Mit all den Details möchte ich Sie nicht langweilen. Denn jetzt endlich ist es so weit: Die ersten Gäste werden am Wochenende einziehen. Endlich ist auch der Laubengang beleuchtet, damit niemand stolpert. Rainer und ich freuen uns riesig. Es sieht so schön aus. Spät am Abend stellen wir fest: Das Licht geht nicht mehr aus. Es stellt sich heraus, dass die Bewegungsmelder einen Schaden haben und ausgetauscht werden müssen. Als ich das höre, muss ich lachen.

Die Geschichte lehrt, worauf es ankommt

Mir wird bewusst, wie wichtig, neben allem Fachlichen, der Mensch und seine emotionale und soziale Kompetenz ist. Wenn die äußeren Umstände über einen längeren Zeitraum sehr herausfordern, spielt das Nervenkostüm eine große Rolle. Es braucht einen langen Atem, um nicht gleichgültig zu werden. Ich beobachte zwei Strudel:

1. Die Strudel nach unten

Ich komme auf die Baustelle und verständlicherweise klagen Arbeiter über die aktuellen Probleme. Mit der Zeit werden daraus Anklagen wie beispielsweise „Der … hat gepfuscht!“, „So eine Chaos-Baustelle!“, gefolgt von Beschuldigungen: „Der Architekt hat …“, „Die Baufirma hat …“, „Der Fensterbauer hat …“ Bei allen wächst die Haltung: „Ich kann ja nichts dafür, die andern sind schuld.“ In einer Atmosphäre der gegenseitigen Beschuldigung entstehen Diskussionen, die alle Beteiligten eher verwirrt als handlungsfähig zurücklassen. Immer mehr Engpässe entstehen und im schlimmsten Fall geht dann gar nichts mehr.

Obwohl ich nur Mieterin bin und es als großes Geschenk empfinde, dass Rainer und ich mitgestalten dürfen, erlebe ich nach langen Sitzungen, die auch mich mit mehr Fragen als Antworten zurücklassen, wie ich mich bei Selbstzweifeln ertappe. Manchmal fühle ich mich erschöpft. Tief in mir ist mir aber klar: Es gibt nur eine Möglichkeit, wie es weiter gehen kann – dranbleiben und nach vorne gehen. In stillen Momenten am Abend oder in der Nacht höre ich die Stimme in mir, die in all den Herausforderungen dennoch voller Hoffnung und Vertrauen bleibt.

2. Der Strudel nach oben

Diese Stimme erinnert mich an das große Bild. Ich bin hier auf diesen wunderschönen Gutshof gezogen, damit Menschen ein Stück Heimat, Schönheit, Ruhe und Inspiration erleben. Wenn ich am Abend nach Westen blicke, sehe ich trotz Dauerregens plötzlich ein unglaubliches Farbenspiel. Ja, genau, schau Dir an, was ist, was auch auf der Baustelle schon geworden ist, wie schön es hier ist. Ich fühle mich erfrischt und freue mich sogar wieder. Dann denke ich an all die Menschen, die sich hier beteiligen. So viele haben wochenlang, trotz der schlechten Wetterverhältnisse und der Engpässe, treu weitergearbeitet. Ich habe großen Respekt vor dieser Leistung. Langsam kehrt wieder Klarheit ein. Neue Kreativität keimt auf und ich bin wieder entscheidungsfähig. Das nächste Telefonat mit dem Architekten oder mit dem Ansprechpartner der Stiftung verläuft zielorientiert. In dieser Haltung kommen mir Ideen und ich erlebe, wie wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Es fällt auch viel leichter, um Hilfe zu bitten. Ein Wir-Gefühl entsteht, und tatsächlich, zwar später als erhofft, sind z. B. am Ende der Woche wunderschöne Waschtische eingebaut und es kann weitergehen.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich rede hier nicht von Affentaktik: Wenn es Probleme gibt einfach nichts hören, nichts sehen und nichts sagen. Die Folgen von Verzögerungen oder Fehlern sind herausfordernd, da gibt es nichts zu beschönigen. Vor allem ist die Kommunikation bei vielen Beteiligten sehr herausfordernd. Es entstehen Missverständnisse, die im Sinne des Zieles negative Konsequenzen haben. Alle Beteiligten werden mental an Grenzen geführt. Auch finanziell ist es aufregend. Die Baukosten für den Bauherrn sind viel höher als kalkuliert. Und wir konnten zusehen, wie unsere Liquidität schrumpfte.

Doch ob wir an diesen Herausforderungen wachsen und am Ende ein schönes Ergebnis genießen können oder scheitern und aufgeben – dafür entscheidend ist für mich die Kraft der Liebe. Diese Liebe Gottes, die uns unabhängig von aller Leistung sagt, dass alles gut wird, ist wie eine nie versiegende innere Quelle. Die Stimme, die jeden Morgen neu sagt, vertraue heute auf meine Hilfe, und diese Hoffnung, die die Bedeutung der Vision immer neu sucht – sie geben die Kraft, immer wieder auf Neue motiviert anzupacken. Aber auch die Gunst der Stifter, der Mitgestalter und der Kunden führt zum Gelingen. Dankbar bin ich für alle Hilfe, die wir in den vergangenen Monaten erfahren haben.

Ende Februar fand die erste Etappe der Jahresreise im „Kloster auf Zeit“ statt. In der Abschlussrunde beschrieb eine Teilnehmerin die Schönheit, die sie hier erlebt hat, und ein anderer freute sich an der Liebe zum Detail und der guten Atmosphäre in den Zimmern und auf dem ganzen Gelände. Das berührte mich tief. Die Vision wurde Wirklichkeit und die Liebe bleibt.

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Ilona Dörr-Wälde

Ilona Dörr-Wälde unterstützt Menschen, ihre persönliche Berufung zu entdecken und neue Kraftquellen zu erschließen.
Im „Kloster auf Zeit“ lädt sie zum Auftanken im Gutshof ein.

www.klosteraufzeit.info

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1 Kommentar

  1. grossartiger Artikel … wieder.
    Wie gerne würde ich Sie einmal auf der Gutshof Akademie besuchen, und die herrliche Inspiration einmal live erleben. Vielleicht irgendwann,