Corona Knigge: Wieviel Abstand brauchen wir?

von | 20.07.2020 | Knigge

Durch die weltweite Gesundheitsheitskrise hat der Corona Knigge an Bedeutung gewonnen: Soziale Distanz wird weiterhin empfohlen. Doch was macht der Abstand mit unserem seelischen Wohlbefinden?

corona knigge
Foto: Shutterstock

Stirbt der Handschlag aus?

Vor wenigen Tagen hat mich das „Hamburger Abendblatt“ um eine klare Positionierung beim Corona Knigge gebeten. Stirbt der Handschlag aus? So lautete eine der zentralen Fragen. Meine klare Antwort: Ich kann übergangsweise die soziale Distanz als medizinisch sinnvoll erachten, doch auf Dauer plädiere ich ganz klar für eine Beibehaltung des Handschlages.

Auch wenn das Händeschütteln derzeit vermieden wird: Als Alternativen empfehle ich, miit einem warmherzigen Blick mein Gegenüber zu begrüßen, dazu ein freundliches Kopfnicken. Entscheiden ist die Herzlichkeit im Blick, damit es nicht unhöflich erscheint.

In den letzten Tagen konnte man auch auf Regierungsebene alternative Rituale beobachten. Beispielsweise bei der Begrüßung von Präsident Macron. Dabei formte Angela Merkel ihre Hände wie zu einem Gebet. Doch offen gestanden, finde ich: Die japanische Geste der Kanzlerin passt nach meiner Ansicht nicht in unseren Kulturkreis.

Will ich meinen Kunden jetzt anboxen?

Unter Freunden beobachte ich jetzt häufiger das Anboxen mit dem Ellenbogen – das finde ich keine wertschätzende Alternative. Für meinen Geschmack wirkt das zu kumpelhaft und ist nicht Business-tauglich.

Spannend ist natürlich die Frage: Wie sehen Sie die Zukunft dieses Begrüßungsrituals in Deutschland, Europa und weltweit? Sollte die Pandemie vorbei sind – was wird als Begrüßungsritual bleiben, was wird sich ändern?

Das „Hamburger Abendblatt“ berichtet über Professor Johannes K.-M. Knobloch. Er leitet die Krankenhaushygiene am Universitäts-Klinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Nach seiner Überzeugung ist der Handschlag gerade in der ärztlichen Praxis wichtig. „Damit kann man Kontakt aufbauen und Vertrauen schaffen – mit entsprechender Händedesinfektion“, sagt er. “ Jeder Patient müsse sich darauf verlassen können, dass sich sein Gegenüber vor dem Handschlag, also nach der zuvor behandelten Person, die Hände desinfiziert habe.“

Ich hoffe, das partnerschaftliche Händeschütteln kehrt zurück, sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich. Wie schon vor der Krise ist Achtsamkeit gefragt: Will die Dame im Privatleben überhaupt die Hand reichen? Wünscht sich der Ranghöhere Chef oder Kunde einen Handschlag? Corona sensibilisiert uns aktuell für ein wenig beachtetes Thema. Jetzt – da es fehlt – vermissen wir dieses bewährte Begrüßungsritual umso mehr.

Corona Knigge: Was ändert sich 2020?

Auch in der Ausbildung zum Lizenzierten Knigge-Trainer diskutieren über den Corona Knigge. Direkt nach der Öffnung habe ich acht neue Knigge-Trainerinnen und Trainer im Gutshof ausgebildet. Unsere Räume sind groß genug, um mit sehr viel Abstand auch das „social distancing“ zu praktizieren.

Im praktischen Dialog mit den Teilnehmern geht es um die aktuellen Knigge-Regeln, aber auch ganz praktisch um die Frage, wie wir 2020 einen wertschätzenden Umgang miteinander pflegen. Wie gelingt es gegenseitige Wertschätzung und Respekt auszudrücken – gerade dann, wenn der Handschlag für einige Zeit „ausgesetzt“ wird.

Auch in der Klausur des Deutschen Knigge Rats, die Ende August im Gutshof stattfindet, werden wir weitere Ansätze entwickeln. Dann werden wir auch über erste Untersuchungsergebnisse sprechen, die derzeit Forscher der Universität Heidelberg machen. Sie untersuchen die Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden.


Rainer Wälde

Rainer Wälde liebt es, durch Filme, Bücher und Vorträge seine Zuhörer in ihrer Originalität zu ermutigen.
In seinem wöchentlichen Blog erzählt er ihre Geschichten.

www.rainerwaelde.de

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