5 Strategien zur langfristigen Erholung

von | 16.07.2024 | Retreat

„Ich bin so fertig“, erzählt mir ein Selbständiger am Telefon. „Hast du mir einen Tipp, wie ich mich erholen kann?“ Ich denke kurz nach, dann stelle ich ihm einige Strategien vor, die mir selbst bei der Erholung helfen.

Erholung
Foto: shutterstock

Wenn der Körper Alarmsignale sendet

Jeder von uns kennt die kleinen Signale, die unser Körper sendet, sobald der Stress zu hoch ist: Bei manchen sind es Nackenverspannung, bei anderen innere Unruhe oder ein Pfeifen im Ohr.

Eine Zeitlang kann man diese Signale ignorieren. Doch wer permanent unter Dampf steht und nicht entspannen kann, braucht eine Exit-Strategie. So wie bei dem Selbständigen, der mich in seiner Not am Freitag anrief: „Ich kann nicht mehr, ich brauche dringend eine Auszeit. Hast du eine Idee für mich?“

Gemeinsam überlegen wir, ob eine Woche Auszeit die passende Strategie ist, um neue Energie zu tanken. Häufig hilft auch ein Tapetenwechsel, um den Alltag und die beruflichen Probleme zurück zu lassen.

Ich persönlich fahre sehr gerne an einen Ort, der ein Kontrapunkt zum aktuellen Lebenskonzept ist. Also vom Flachland gerne auf einen Berg. Oder aus dem Mittelgebirge ans Meer.

Offene Aufgaben abschließen

Bevor die Auszeit beginnt, empfehle ich die offenen Aufgaben abzuschließen. Dazu hilft häufig eine Pufferwoche. In meinem konkreten Beispiel wollte der Selbständige am liebsten sofort mit der Auszeit beginnen. Doch dann hat er sich entschieden, noch eine Woche am Arbeitsplatz zu bleiben, bevor er auf Reise geht.

Dies hat den großen Vorteil, dass angefangene Projekte nicht mit in die Auszeit genommen werden. Die wichtigsten Aufgaben finden einen Abschluss oder werden für die Zeit nach der Rückkehr bereits terminiert.

Diese Pufferwoche ist eine sehr gute Möglichkeit, etliches was unerledigt oder ungeklärt ist, noch abzuschließen. Das macht den Kopf frei und gibt mir das befriedigende Gefühl, dass ich es nicht in die Erholungszeit mitnehmen muss.

Mir ist bewußt, dass ich in dieser Pufferwoche nicht alles schaffen kann, was vielleicht schon lange unerledigt ist. Deshalb periodisiere ich: Was ist wichtig? Was hat Zeit? Also nicht künstlich den Stress erhöhen, sondern aktiv entschleunigen.

Was empfiehlt die Erholungsforscherin?

In der neuen August-Ausgabe von „Psychologie Heute“ habe ich ein sehr spannendes Interview mit Sabine Sonnentag gefunden. Sie ist Professorin an der Uni Mannheim und forscht zum Thema Erholung. Ihr Tipp: In vier Stufen zur Erholung finden.

Der erste Schritt heißt Loslösen: Das gedankliche Abschalten von der Arbeit. Mir hilft die Reise, die Entfernung. Manchmal ploppen auf dem Weg noch Aufgaben auf. Ich notiere sie für die Zeit nach der Rückkehr, dann lasse ich sie los, um meine Gedanken nicht zu belasten.

Der zweite Schritt ist die Deaktivierung. Damit meint die Forscherin unser Nervensystem, das zu Beginn einer Auszeit immer noch angespannt wird. Es muss heruntergefahren werden. Mir persönlich helfen langsame Spaziergänge, Massagen und Handyfreie Zeiten des Nichtstuns.

Punkt drei ist etwas Meistern. Sabine Sonnentag empfiehlt Aktivitäten wie Sport oder ein Hobby, das uns Spaß machen. Also nicht nur passiv sein und gar nichts zu tun, sondern bewußt aktiv werden – ohne Leistungsdruck.

Selbstbestimmte Auszeiten – ohne den Partner

Der letzte Punkt ist Selbstbestimmung. Wer schon einmal mit Freunden in Urlaub war, kennt das Problem sehr gut. Andere geben die Ziele, die Touren, den Rhythmus vor. Doch zur tiefen Erholung braucht es selbst bestimmte Zeit.

Ich entscheide selbst, wann ich aufstehe, wann ich frühstücke. Ich entscheide, welche Aktivität mir gut tun und lasse mich nicht fremdbestimmten. Das klingt radikal – ist für die Erholung jedoch ungemein wichtig.

Meine Frau Ilona und ich praktizieren dies bereits seit 20 Jahren. Jeder von uns plant im Laufe des Jahres seine selbstbestimmten Auszeiten. Einzelne Tage oder auch eine Woche ohne den Partner, um neue Kraft zu tanken.

Auf dem Gutshof bieten wir in jedem Quartal einen Urlaub mit mir selbst an. Wir empfehlen auch Paaren bewußt diese Auszeit alleine zu nutzen, um die Selbstbestimmung zu trainieren.

Erholung braucht Übung

Zurück zum Anruf des Selbständigen: Er hatte Mühe, alleine eine Auszeit zu nehmen – ohne seine Partnerin. Natürlich braucht dies auch eine innere Freiheit und den ehrlichen Dialog mit dem Partner. Wie geht es dir, wenn ich einige Tage weg bin? Wenn ich alleine eine Auszeit mache?

Ilona und ich haben gelernt, dass wir gute Absprachen brauchen. Auch klare Regeln, wie wir in dieser Zeit miteinander kommunizieren, wenn der eine zuhause ist und der andere unterwegs. Sprechen wir über berufliche Themen – ja oder nein?

Ich persönlich bevorzuge es, wenn ich in meiner Auszeit nicht mit beruflichen Problemen belastet werde. Es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Gleichzeitig halte ich Ilona den Rücken frei, wenn sie ihre Auszeit nutzt und behellige sie nicht mit Themen aus der Firma.

Langeweile zulassen

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen weiteren Erfahrungsschatz weitergeben: Das Glück der Langeweile. Viele Menschen haben Angst vor einer Auszeit, weil sie fürchten, dass sie sich langweilen werden.

Doch die eigentliche Erholung beginnt an dem Tag, an dem ich mich so richtig langeweile. Wenn ich zum Beispiel auf einem Liegestuhl sitze, den Wolken und den Vögeln zuschaue, ganz die Zeit vergesse. Nichts lenkt mich ab. Kein Buch, kein Handy, keine Musik.

Einfach nur da sein, Zeit und Raum verschwinden. Der Nacken entspannt sich, die Augen fallen zu. Ich höre nur noch das Rauschen des Windes in den Blättern. Und entspanne im Glück der Langeweile.

Weitere Tipps gibt es auf der neuen Seite: www.gutshof-reatreat.de

Der nächste Urlaub mit mir selbst beginnt am Sonntag auf dem Gutshof. Es gibt noch zwei freie Plätze.

Sonnige Urlaubsgrüße

Rainer Wälde


Rainer Wälde

Rainer Wälde liebt es, durch Filme, Bücher und Vorträge seine Zuhörer in ihrer Originalität zu ermutigen.
In seinem wöchentlichen Blog erzählt er ihre Geschichten.

www.rainerwaelde.de

Teilen Sie diesen Beitrag

Unser Blog als E-Mail-Newsletter

Jede Woche beantworten wir Ihre Frage rund um ein authentisches und erfüllendes Leben.

Unsere besten Beiträge erhalten Sie einmal pro Woche per Mail.

0 Kommentare