Ungeliebtes Spiegelbild

von | 02.09.2019 | Allgemein

Spieglein, Spieglein an der Wand… mochten Sie als Kind das Märchen von Schneewittchen? Vielleicht fanden Sie es ja auch so faszinierend und haben sich gerne mit Schneewittchen identifiziert?

Foto: Shutterstock

Wie geht es Ihnen heute mit diesem magischen Satz „aber Schneewittchen hinter den sieben Bergen ist tausend Mal schöner als Ihr.“ Welche Gefühle steigen da bei Ihnen hoch? Fühlen Sie sich heute vielleicht eher in der Rolle der Königin – vom Aussehen gefühlt eher in die zweite oder gar hintere Reihe gerutscht?

Hassen Sie es, in den Spiegel zu schauen oder versuchen Sie, Ihrem Spiegelbild auszuweichen, wo immer die Gefahr lauert?

Ich möchte mit Ihnen entdecken, was der eigentliche Grund für diese unangenehmen Gefühle ist und mit Ihnen sozusagen einen Blick hinter den Spiegel werfen.

Gnadenloses Inspizieren

Sind Sie sich Ihrer Gedanken bewusst, die Ihnen durch den Kopf gehen, wenn Sie in den Spiegel schauen oder auch einfach nur an Ihren Körper denken? Gedanken wie „hässlich“, „fett“, „alt“ – von den Bewertungen einzelner, von Ihnen besonders ungeliebter Körperteile einmal ganz abgesehen? Sind Sie sich bewusst, wie hart Sie hier mit sich selbst ins Gericht gehen und mit solchen Worten Ihren negativen Eindruck von sich selbst förmlich manifestieren?

Von den Haarspitzen bis zu den Fußnägeln, alles wird peinlich genau inspiziert und Ihrer gnadenlosen Bewertung ausgesetzt. Das würden wir keinem anderen Menschen zumuten. Doch wenn wir uns das selbst antun, scheint das völlig in Ordnung zu sein.

Haben Sie jemals ein gutes Wort für Ihren Körper übriggehabt? Vermutlich wünscht er sich die ganze Zeit nur das eine von Ihnen: liebevolle Worte der Annahme.

Objektivität ausgeschlossen

Wie wir uns selbst wahrnehmen, hat nichts mit echten Tatsachen zu tun. Die Person, wie Sie sie im Spiegel betrachten, gibt es nur in Ihrem Kopf und ist nicht die, die andere Menschen sehen.

Wenn wir in den Spiegel schauen, dann tun wir das mit einem lang geübten, überaus kritischen und festgefahrenen Blick, der hauptsächlich eines wiedergibt: die Meinung, die wir über uns über die Jahre über uns selbst gebildet haben und zwar als ganze Person mit all unserer Geschichte.
Es ist diese Vorstellung, die wir von uns selbst entwickelt haben – wie wir aussehen und wie wir meinen auf andere zu wirken. Sie hat vor allen Dingen etwas mit unserer inneren Einstellung uns selbst gegenüber zu tun und diese ist leider oft alles andere als liebevoll und wohlwollend – sie ist noch nicht einmal realistisch. Aber an ihr halten wir eisern fest. Dieser verbissene Blick auf unsere Unzulänglichkeiten. Kein anderes Geschöpf auf dieser Erde kennt diese Haltung, nur wir Menschen.

Hinter den Spiegel geschaut

Woher kommen nun diese Gedanken? Natürlich durch die Prägung der Medien, allen voran Social Media Plattformen und die Werbung, höre ich Sie sagen – damit haben Sie auch nicht unrecht. Aber es spielen weit mehr Faktoren eine Rolle.

Es beginnt mit der frühesten Kindheit. Ob in der Familie, im Freundeskreis oder später am Arbeitsplatz, ganz gleich, wo Sie auf Menschen trafen und treffen – überall erhielten und erhalten Sie Feedback über Ihre Person und Ihr Aussehen. 
In der Regel haben dabei kritische und negative Aussagen eine wesentlich stärkere Wirkung auf uns und werden dementsprechend deutlicher von uns abgespeichert. Es heißt, dass es fünf positive Aussagen benötigt, um eine negative emotional ausgleichen zu können.
So formen wir nach und nach ein Bild von uns selbst, ohne zu realisieren, wie stark wir filtern und einseitig speichern. Dabei werden wir ganz nebenbei zu unserem größten Kritiker.

Die Realität sieht anders aus

Was ist nun das Echte und Wahre?

10 Menschen, ganz gleich ob Sie Ihnen jeden Tag begegnen oder denen Sie ganz fremd sind, werden Sie durch 10 unterschiedlichen Augenpaare anschauen. Jeder betrachtet Sie dabei wiederum mit seiner individuellen Mischung aus Werten, Einstellungen, Erfahrungen und persönlichem Geschmack. Dazu wird jeder auf seine unterschiedliche Art diese Informationen filtern, verarbeiten und bewerten. So wie wir es eben tun, um die Welt um uns herum schnell einschätzen zu können, um für uns vermeintlich adäquat reagieren zu können.

Wir werden also eingeschätzt und „bewertet“, aber auf eine viel umfänglichere Art, als wir es oft meinen. Sie sehen also, ein objektives Bild gibt es sowieso nicht von uns und auch von keinem anderen.

Wer bin ich?

Was liegt also näher, als zu versuchen, sich selbst besser kennen zu lernen und der Person nahe zu kommen, die man im Grunde seines Herzens ist? Finden Sie zu sich, dann werden das auch die Menschen spüren, denen Sie begegnen.

Dann werden Sie mehr und mehr als die Persönlichkeit gesehen, die Sie wirklich sind und wie Sie wahrgenommen werden möchten – mit Ihrer wertvollen Lebenserfahrung, Ihrer freundlichen, hilfsbereiten Art, Ihren Werten, Ihrer Ausstrahlung und Ihrer Art von Humor.

Dann können Sie auch Ihrem äußeren Erscheinungsbild einen neuen, stimmigen Ausdruck verleihen. Diesmal jedoch von einer anderen, höheren Warte aus.

Warum nicht zeigen, wer Sie sind, was Sie ausmacht – Ihren Körper, Ihr Gesicht, Ihr Aussehen – ganz individuell, ganz Sie selbst. Also stylen Sie sich für Ihren eigenen Selbstwert – weil Sie es sich wert sind. Damit bestimmen Sie selbst Ihre Definition von Schönheit. Hier finden Sie einige hilfreiche Tipps dazu: https://bettina-hertzler.de/so-findest-du-deinen-persoenlichen-stil/

Vom Blick zur inneren Haltung

Wenn Sie also das nächste Mal Ihr Spiegelbild sehen, setzen Sie ein Fragzeichen hinter jeder Ihrer üblichen Gedanken über sich selbst.

Stellen Sie sich den alten Prägungen und Glaubensmustern. Entlarven Sie sie als das, was sie sind: unnötige Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit.

Machen Sie sich stattdessen bewusst, dass wir als Menschen von Geburt an wertvolle Geschöpfe sind – wir müssen uns die Achtung nicht verdienen, erbetteln oder erheucheln, es ist unser Geburtsrecht.

Wie können wir zu dieser Selbstliebe gelangen, die kein Egoismus darstellt, sondern die lebensnotwendige und lebensbejahende Selbstliebe ist, die uns in unserer Persönlichkeit wachsen lässt zu dem Menschen, als der wir ursprünglich gemeint waren.

Es geht darum uns selbst kennen zu lernen, unsere Stärken zu entdecken, unsere Schwächen zu akzeptieren und zu lernen, mit unserer Unsicherheit umzugehen, uns also mit Respekt, Liebe und Würde zu begegnen und darin zu wachsen.

Einfach, aber nicht leicht

Die folgenden Übungen können Sie dabei unterstützen, sich selbst auf eine neue, wertschätzende Art kennen und lieben zu lernen.

  • Beginnen Sie eine Liste mit Ihren Stärken und Ihren Vorzügen – auch körperlich. Wenn Ihnen keine oder nur wenige einfallen, fragen Sie Menschen Ihres Vertrauens.
  • Schreiben Sie jedesmal auf einen Zetteln, wenn Ihnen etwas gut gelungen ist, wenn Sie ein Lob oder Kompliment erhalten haben (schreiben Sie ALLE auf) oder auf was Sie gerade stolz sind. Dann füllen Sie damit nach und nach ein schönes Gefäß. Mit der Zeit wird es ein wunderbarer Schatz, der Ihnen in unsicheren Zeiten Stärke und Trost geben kann.
  • Schreiben Sie sich kleine Ermutigungszettel und hängen Sie sie an Stellen auf, an denen Sie oft vorübergehen. Zum Beispiel: „Du bist großartig“, „Du bist liebenswert“, „Du bist stark“, „Du bist wunderschön“, „Du bist einzigartig“, „Du bist wertvoll“. Wenn Sie mögen, können Sie die Aussagen auch in der ICH-Form schreiben.
  • Nach einer Weile können Sie beginnen, diese Sätze zu sich zu sagen, während Sie in den Spiegel schauen. Auch Aussagen wie „ich mag mich“, „ich liebe mich“ oder „so wie ich bin, bin ich genau richtig“. Sie können auch beginnen, nach und nach einzelne Körperpartien in Ihre Betrachtungen liebevoll mit einzubeziehen.
  • Danken Sie am Abend Ihrem Körper und was er für Sie an diesem Tag geleistet hat.
  • Hören Sie auf, sich mit anderen zu vergleichen. Vergleichen Sie stattdessen Ihr heutiges Ich zu dem von vor 1, 2 oder 5 Jahren mit den Dingen, in denen Sie sich eher unsicher fühlen oder sich gerne mit anderen vergleichen.
  • Sehen Sie andere mit eben solch einer Liebe und Akzeptanz an – die Änderung Ihrer inneren Haltung wird Sie auch gnädiger mit sich selbst werden lassen.
  • Wenn Sie mit Ihrem Körpergewicht unzufrieden sind und es ändern wollen, dann nehmen Sie sich kleine, zu realisierende Schritte zur Erreichung Ihres Ziels vor. Planen Sie Zwischenziele. Damit sind auch kleine Schritte ein Erfolg und dürfen gefeiert werden. Das motiviert viel mehr.
  • Sie möchten immer noch etwas an Ihrem Aussehen ändern? Dann gönnen Sie sich doch eine Typberatung, Schminkschulung oder einen Personal Shopper, mit dem Sie Ihren ganz individuellen Look finden und Sie zu der Ausstrahlung finden, die Sie sich auch äußerlich wünschen.
  • Meditation und Achtsamkeitsübungen können Ihnen ebenfalls helfen, ins Innere Spüren zu kommen und sich selbst zu entdecken.

Ein neuer Blick

Wenn wir lernen, uns und andere endlich so anzunehmen, wie wir sind, uns zu würdigen in unserer Persönlichkeit, unserer Geschichte und unseren Errungenschaften, dann werden wir uns mit dem liebevollen Blick betrachten können, wie eine Mutter ihr Neugeborens anschaut – voller Liebe, Annahme und Begeisterung.

“Wer nach außen schaut, träumt.
Wer nach innen schaut, wacht auf.”
C.G. Jung


Bettina Hertzler

Bettina Hertzler ist Absolventin der Gutshof Akademie.
Sie ist Personal-Image-Coach und systemisch-lösungsorientierte Beraterin.
Privatpersonen, Angestellte und Selbständige berät sie in Stilfragen und Persönlichkeitsentwicklung.

Ihr Motto: Entdecke und zeige, was in Dir steckt!

http://www.bettina-hertzler.de/

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