Unsere Welt ist immer stärker vernetzt und geprägt vom Meinungspluralismus. Wichtiger denn je kommt es darauf an, debattieren zu können – egal, ob beruflich, privat, in Gesellschaft oder Politik.

Regeln, die wir normalerweise in unserem Elternhaus gelernt haben
Beim Debattieren geht es darum, die eigenen Standpunkte mitzuteilen, andere herauszufordern und zu überzeugen, aber auch persönliche Ansichten zu verfeinern und somit die eigene Perspektive zu erweitern. Kurz: wir müssen die Kunst des respektvollen Debattierens beherrschen. Was bedeutet das?
Unsere neue Bundestagspräsidentin, Frau Julia Klöckner, kündigte an, dass sie in den Debatten des Deutschen Bundestages Respekt erwartet. „Wenn nicht wir mit Respekt diskutieren und auch streiten, wie soll es dann in der Breite der Gesellschaft geschehen?“
Wahre Worte. Seit einigen Jahren fällt mir auf, dass der Ton im Bundestag immer rauer wird. Das müsste wahrlich nicht sein. Jeder Abgeordnete könnte sich an einfache Regeln halten. Regeln, die wir normalerweise alle in unserem Elternhaus gelernt haben und seit vielen Jahren leben sollten:
Ich höre dem Redner aufmerksam zu und lasse mich nicht ablenken. Außerdem halte ich Blickkontakt, lasse ihn ausreden und unterbreche ihn nicht ständig. Bin ich der Redner, beschimpfe ich andere nicht, schreie nicht herum und beleidige niemanden mit Schimpfwörtern. Diese Selbstkontrolle im Umsetzen dieser einfachen Regeln ist leichter gesagt, als getan. Das sehen wir im Deutschen Bundestag.
Suche erst zu verstehen, dann verstanden zu werden
Stephen R. Covey, der frühere US-amerikanische Bestseller-Autor sagte einst: „Suche erst zu verstehen, dann verstanden zu werden.“ Wenn wir lernen wollen, effektiv miteinander zu debattieren, ist diese Regel außerordentlich wertvoll. Wir zeigen dem Sprecher gegenüber Respekt, wenn wir aktiv zuhören. Zusätzlich können wir seine Argumente viel tiefer verstehen und die Absicht hinter seinen Worten besser erfassen, wenn wir uns auf das konzentrieren, was er sagt.
Wie oft sehe ich in den Bundestagsdebatten, dass so viele Abgeordnete während der Rede eines Kollegen einfach am Handy tippen. Zum aktiven Zuhören gehört die ungeteilte Aufmerksamkeit. Das Handy oder Tablet ist hierbei ein riesiger Störfaktor.
Wie soll ich den anderen verstehen, wenn ich ihm gar nicht zuhöre?
Während einer Sitzung im Bundestag sollte meiner Meinung nach komplettes Handy-Verbot gelten. Egal, in welchem Beruf jemand arbeitet: während der Arbeitszeit darf das Handy nicht genutzt werden. In der Schule ist es genauso. Das Handy wird vor dem Betreten der Schule auf Flugmodus gestellt oder ganz ausgeschaltet. An manchen Schulen werden Handys sogar vor Unterrichtsbeginn eingesammelt, in einen Schrank gesperrt und nach Unterrichtsende wieder ausgeteilt.
Es kommt beim Streiten auf den Stil an
Es ist völlig klar, dass es in den Debatten auch ganz schön hitzig und leidenschaftlich werden kann. Das ist auch gut so und gehört zweifelsohne dazu. Dennoch plädiere ich dafür, dabei den guten Ton zu wahren, höflich zu bleiben, persönliche Angriffe zu vermeiden und sich auf das eigentliche Thema zu konzentrieren. Nur dann kann eine Debatte konstruktiv bleiben und eine Atmosphäre der Professionalität geschaffen werden. Das brauchen wir wieder im Deutschen Bundestag.
In ihrer Antrittsrede rief unsere Bundestagspräsidentin zu „Anstand“ auf und dazu, „ein zivilisiertes Miteinander“ zu pflegen. „Ja, es kommt beim Streiten auf den Stil an und auch auf den Respekt im Umgang miteinander.“, so Klöckner. Ich hoffe sehr, dass unsere Abgeordneten diesem Aufruf folgen und ihr Verhalten geprägt ist von gegenseitiger Achtung.
Dies wäre ein Vorbild, dem die Breite unserer Gesellschaft gerne folgen würde. Die einfachen Regeln des guten Tons und den freundlichen Umgang mit Menschen schlicht und einfach zu praktizieren, auch über die Parteigrenzen hinaus. Darin zeigt sich wahre Größe.
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