Fremdsprache Mann

von | 08.10.2018 | Allgemein, Coaching

Wir alle wissen um die bedeutsamen Unterschiede in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen. Aber ist Ihnen auch bekannt, wie entscheidend dieser ist, wenn Sie in einer männerdominierten Geschäftswelt als Frau nicht nur überleben, sondern sich auch durchsetzen wollen?

Foto: Shutterstock

Ganz anders als geplant

Susanne H. hatte sich akribisch auf ihre neue Präsentation vorbereitet, schließlich sollte der Erfolg mit darüber entscheiden, ob sie nun endlich die längst überfällige Gehaltserhöhung erhalten sollte. Alles war bereit. Aufgeregt fieberte sie dem Start entgegen. Sie hatte sich in ihren besten Anzug gezwängt und wartete nervös auf die Teilnehmer. Als kurz vor 9:30 Uhr noch keiner erschien, glaubte sie schon, sie hätte sich in der Uhrzeit vertan. Doch kurz danach trudelten die ersten ein. Sich laut unterhaltend und ohne sie wahrzunehmen setzten sich die Herren um den großen Tisch. Zwei Plätze blieben leer.

Sie zupfte sich noch einmal den Rock zurecht, strich sich nervös über das Haar und dann startete sie mit etwas unsicherer Stimme, die ihr zunächst nicht richtig gehorchen wollte…

Eine Stunde später fragte sich Susanne, wie es zu diesem chaotischen Verlauf kommen konnte. Hatte sie nicht eine absolut makellose Präsentation abgeliefert? Bestückt mit stichhaltigen und etlichen neuen, überraschenden Fakten, perfekt recherchiert und in klare, detaillierte Diagramme gepackt? Aber statt konzentriertem Zuhören und interessierten Nachfragen erntete sie nur ein unruhiges Getuschel. Die beiden Männer am Ende des Tisches hatten sich nach kurzer Zeit in ihr Handy vertieft und Herr Kuznik, ihr direkter Vorgesetzter, der geschlagene 10 Minuten zu spät kam, hatte gegen Ende nur ein Gähnen für sie übrig. Ihre Hoffnung auf das neue Aufgabengebiet und die damit verbundene Gehaltserhöhung konnte sie wohl vorerst streichen.

Was war hier geschehen?

Wie konnte es zu diesem peinlichen Auftritt kommen? Ganz bestimmt lag es nicht an dem exzellenten Vortrag. Doch Susanne H. war sich der unausgesprochenen Regeln und Ausdrucksweisen in der Männerwelt nicht bewusst. Und das nicht erst an diesem wichtigen Tag, denn das Problem begann schon wesentlich früher.

Als Susanne vor einem dreiviertel Jahr die erhoffte Stelle bekam, war sie sich sicher, einiges in ihrer Abteilung bewegen zu können. Was machte es da schon aus, dass sie nur ein Duchgangsbüro zugewiesen bekam. Doch genau damit setzte sie sich ungewollt ein erstes klares Zeichen in der Männerwelt.

Revierverhalten

Frauen geht es in erster Linie um ein gutes Miteinander, dafür sind sie auch bereit, persönliche Opfer zu bringen. Solange es für die Gruppe hilfreich ist und dem Weiterkommen des Projekts dient ist das in der Regel völlig in Ordnung.

Für Männer ist es schon von klein auf ein Spiel zu testen, wer aus der Gruppe der Stärkste oder Beste ist. Dabei geht es ihnen in erster Linie noch nicht einmal darum, immer als die Nummer eins hervorzugehen. Vielmehr ist es ein immerwährendes Abstecken, welche Position sie innerhalb der Gruppe einnehmen. Ist das geklärt, kann alles seinen normalen Lauf nehmen. Solange, bis sich innerhalb der Gruppe oder der Aufgabe etwas ändert, dann muss neu abgesteckt werden.

Heute wird natürlich nicht mehr gerangelt und gekämpft, wie es früher auf dem Schulhof geübt wurde. Im Geschäftsleben gibt es viele kleine Revierrangeleien, um die Frauen oft nicht wissen oder bewusst ignorieren. Hilfreich ist es jedoch, genau hier anzusetzen und sich seinen Platz auf dem betrieblichen Parkett zu erobern. Genau das war Susanne H. nicht bewusst. Durch Ihr verständnisvollen Verzicht auf ihr eigenes Büro, das Ihr der Position nach zugestanden hätte, setzte stieg sie in der Rangordnung freiwillig zurück.

My office is my castle

Frau H. gab damit Ihren Kollegen die Möglichkeit, ständig ihr Revier zu verletzen. Diese nahmen das auch gerne in Anspruch. Der Bequemlichkeit halber stand die Tür oft offen, sodass die Kollegen ohne Anklopfen ihren Bereich betraten, ein Gruß sparten sie sich auch gerne.

In der Männerwelt gelten sowohl Ihr Büro als auch Ihr Schreibtisch zu Ihrem Revier. Also achten Sie darauf, dass hier nicht ungefragt Besitz eingenommen wird. Dazu gehört auch das Respektieren Ihres Schreibtisches, auf dem weder Gegenstände noch aufgelegte Unterarme Ihres Kollegen gehören. Sie finden es kleinlich? Mag sein, doch akzeptieren Sie die Sprache der Männer. Dann können Sie sich nach einer Abklärung auch auf der Sachebene treffen.

Nonverbale laute Worte

Wenn Sie nun denken, dass der Missstand von Ihnen in einem Gespräch mit dem entsprechenden Kollegen geklärt werden könnte täuschen Sie sich. Ihre Antwort muss ebenfalls auf der Handlungsebene geschehen. Also setzen Sie dem nächsten unhöflichen Besucher klare Grenzen. Dabei wird ein lockerer Spruch als wesentlich souveräner gedeutet, als eine ernste Bemerkung oder sogar eine Diskussion.
Sollte ein Kollege Ihr Schreibtischrevier nicht respektieren, lassen Sie sich nicht irritieren. Belegen Sie doch zur Abwechslung einmal Ihren Schreibtisch mit Ihren eigenen Dingen oder entfernen Sie die fremden Gegenstände ganz nebenbei und freundlich lächelnd zur Seite, vielleicht auf einen anderen Tisch oder einen Stuhl.

Denken Sie nicht, dass dieses Verhalten unhöflich ist. Frauen würden dies als Affront verstehen und persönlich nehmen. Doch Sie agieren in der Männerwelt und da hat das Revierabstecken eine wichtige Bedeutung, um Ihre Position innerhalb des Teams zu klären und wird als solches klar verstanden.

Signale aussenden

So wie Sie Ihr Revier verteidigen, genau so sollten Sie auf „neutralem“ Boden Raum einnehmen. Wenn Sie das nächste Mal zu einem Meeting kommen, huschen sie nicht schnell zu Ihrem Platz. Treten Sie ein, lassen den Blick schweifen, nehmen Sie auch ruhig Blickkontakt auf. Dann bewegen Sie sich im Raum, begrüßen Sie jemanden. Sitzen Sie an Ihrem Platz, nehmen Sie auch ganz Besitz von Ihrem Stuhl, statt nur vorne auf der Kante zu sitzen. Ihre Unterlagen und zumindest auch ab und zu Ihre Hände und Unterarme kommen auf den Tisch, auch hier heißt es Revier einnehmen.

Sind Sie selbst die Rednerin, dann bewegen Sie sich auf „Ihrer“ Bühne. Verstecken Sie sich weder ständig hinter dem Rednerpult, noch kleben Sie an der Flipchart und vergessen Sie auch Ihre Körperhaltung und Ihre Gestik nicht. Ihr Vortrag wird dadurch nicht nur lebendiger, sondern Sie verleihen Ihrer Person damit eine wesentlich größere Präsenz.

Auch in der Kommunikation Raum einnehmen

Haben Sie sich schon geärgert, dass Sie zwar immer rücksichtsvoll mit Ihrem Kommentar warten, bis ein Diskussionspartner zu Ende geredet hat, aber es dann schon mindestens drei Zwischenbemerkungen gab? Letzten Endes kamen nur Sie kaum oder gar nicht zu Wort? Ins Wort zu fallen ist zwar keine schickliche Art und Weise, aber in manchen Kollegien bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als dieses Spiel mitzuspielen, wenn Sie sich Gehör verschaffen wollen.

Haben Sie das Wort, dann achten Sie beim Sprechen darauf mit fester, klarer Stimme ruhig, aber nicht leise und deutlich zu sprechen – und bringen Sie Ihr Anliegen auf den Punkt. Vermeiden Sie Konjunktive, wenn es um Ihre Meinung, Ihre Erkenntnis geht. Genauso verzichten Sie auf eine wortreiche Einleitung und Entschuldigungen. Männerohren hören hier keine freundliche Zurückhaltung oder einfühlsames Verhalten, sondern interpretieren es schlichtweg als Unsicherheit.

Mit ihrem unsicheren Verharren an einem Platz während der Präsentation, die leise Stimme und das schnelle Sprechen konnte Susanne H. die Zuhörer leider nicht von Anfang an in ihren Bann ziehen und so ging schon der entscheidende erste Teil vollkommen unter.

Last but not least

Glauben Sie wie Frau H., dass sie mit Ihrem Outfit nicht als Frau wahrgenommen werden sollten um besser akzeptiert zu werden? Die Aussage, die dabei bei Ihrem Gegenüber aber ankommen könnte lautet „ich muss mich verstecken“. Sie geben das auf, von dem Sie im Grunde des Herzens doch überzeugt sind – Sie als Frau finden sich doch gut. Also zeigen Sie es, indem Sie sich zwar Ihrer Position in Ihrem Betrieb entsprechend kleiden, ohne aber auf das Feminine in Ihrer Kleidung zu verzichten.

Viel wichtiger ist es, auf ein souveränes Erscheinungsbild zu achten. Da Susanne vor lauter Stress einiges zugenommen hatte zwackte ihr Anzug an etlichen Stellen, was wenig Kompetenz ausstrahlte. Unterstrichen wurde das Ganze noch vom fehlenden Make-up. Hier unterschätzen viele Frauen die Wirkung eines kompetenten Gesamtoutfits. Es geht nicht darum, mit weiblichen Reizen zu spielen, sondern zu zeigen, dass Sie es sich selbst wert sind – ein gut gewähltes und typgerechtes Outfit und ein gepflegtes Äußere.

Übung macht die Meisterin

Sich souverän in der Männerwelt zu bewegen passiert nicht von heute auf morgen. Seien Sie zunächst bereit zu akzeptieren, dass es diese bedeutsamen Unterschiede (immer noch) gibt. Natürlich bedarf es weiter ein aufeinander Zugehen von beiden Seiten und Kennenlernen der unterschiedlichen Kommunikationswege. Aber nutzen Sie jetzt Ihr Wissen um die Fremdsprache Mann, um mit Beobachtungsgabe, Mut und nicht zuletzt Ihres gesunden Selbstbewusstseins, souverän Ihre Position in Ihrem männerdominierten Umfeld klar zu behaupten.


Bettina Hertzler

Bettina Hertzler ist Absolventin der Gutshof Akademie.
Sie ist Personal-Image-Coach und systemisch-lösungsorientierte Beraterin.
Privatpersonen, Angestellte und Selbständige berät sie in Stilfragen und Persönlichkeitsentwicklung.

Ihr Motto: Entdecke und zeige, was in Dir steckt!

http://www.bettina-hertzler.de/

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